Ich bin ein sehr sensibler Mensch...sagt mir zumindest meine Haut sehr gerne, sehr deutlich.
Als mein Vater starb, hatte ich das erste Mal mit extremen Hautproblemen zu kämpfen. Entzündungen, Schmerzen, trockene Haut...alles dabei.
Ich habe es mit dem großen Verlust erklärt, der mich emotional mehr belastet hat, als ich erwartete.
Doch nach drei Wochen hatte ich all dies wieder im Griff.
Ab und an kamen solche Schübe erneut und ich verband sie wieder mit Stress und persönlichen Belastungen.
Im Juli 2023 erwischte es mich jedoch erneut. Diesmal auch an den Händen. Es war einfach unerträglich. Es fühlte sich an wie ein Sonnenbrand 3. Grades.
Mein Leidensdruck war enorm und so entschloss ich mich im September desselben Jahres vier Wochen auf Alkohol zu verzichten.
In der Hoffnung, dass durch den Entzug von dem Zellgift, mein Körper die Zeit für Erneuerungsprozesse im Körper nutzen kann.
Mein Konsum
Ich habe gerne getrunken. Nur Bier. Jedoch immer mit Genuss. Ich bin in einer Gesellschaft groß geworden, in der es normal ist, zu trinken. Feierabendbier, mit Freunden, am Lagerfeuer, nach der Radfahrt, während der Radfahrt, nach dem Ironman, Weihnachtsfeier, Geburtstag, Namenstag, Urlaub, Wochenende...irgendeine Gelegenheit fand sich doch immer.
Die Momente war immer schön. Viel gelacht, gut geredet, viel Sport, alles einfach wunderbar.
Doch der Tag danach war nicht immer schön. Schlecht geschlafen, Brummschädel, Übelkeit, keine Lust auf irgendwas.
An sich waren die 2 Tage danach verschenkt. Abhängen auf der Couch und essen. Je fettiger desto besser. Sport ging meist nicht so, wie ich es gewohnt war. Eben einen oder zwei Gänge rausnehmen, dann passste es. Doch ich gewöhnte mich auch an den Konsum.
Ich war ganz gut in Form. Eben nicht nur in Laufschuhen, sondern auch am Glas.
Ich hatte nie heimlich etwas in der Schublade oder auf der Arbeit dabei. Das war völlig klar und stellte ich auch nie zur Diskussion.
Doch mein Entschluss stand fest. Vier Wochen ohne einen alkoholischen Tropfen.
Mein Start
Ich startete an dem Tag, als ein Freund zu seinem 60.Geburtstag eingeladen hat. Riesenparty, tolles Ambiente, frisch gezapftes.
Doch wenn ich mir etwas vornehme, dann bin ich davon überzeugt und bleibe am Ball.
Der Abend war auch nicht weniger schön. 7 Flaschen Wasser habe ich getrunken.
Die ersten Tage
Die ersten Tage waren schon mit dem Gedanken an das ein oder andere Bier verschenkt. Doch hier ist es wie beim fasten, die ersten Tage sind die schlimmsten!
Nach vier Wochen nahm ich mir den nächsten Monat vor, dann das Jahresende, dann März und irgendwie wollte ich dann das Jahr auch nüchtern beenden.
365 Tage nüchtern. Das war dann das erklärte Ziel. Und... es machte mir nichts mehr aus.
Es war einfacher als gedacht, diese Gewohnheit zu durchbrechen und durch neue zu ersetzen.
Ich würde lügen, wenn ich nicht 1-2 Mal Lust auf ein kühles, frisch gezapftes Bier gehabt hätte. Gerade im Allgäu gibt es wirklich sensationell leckeres Bier!
Doch der Gedanke kam kurz und verschwand schnell.
Ich hatte auch viele Vorteile kennengelernt....ich konnte nach jedem Event nach Hause fahren und auch andere sicher absetzen.
Mir fiel auf, wie oft das Niveau mit steigendem Pegel sinkt, Aggressionen steigen, Männerhände grabschen, Witze flacher werden, Sprüche unter die Gürtellinie gehen, Menschen stürzen. O.K., das mit dem stürzen kenne ich von mir auch...Macht es jedoch auch nicht schöner!
Die nächsten Wochen und Monate
Verwunderung im Freundeskreis. Mehr Anerkennung als Unverständnis. "Respekt" war eines der meist genutzten Wörter in diesem Zeitraum. Meist von Menschen mit einem Bier in der Hand.
Mir war es ,fast, egal. Meine Entscheidung entpuppte sich als Goldrichtig, für mich. Ich schlief besser und das Beste: meine Haut war nahezu fast vollständig erholt. Entzündungen und Rötungen minimierten sich, das Spannungsgefühl verschwand nahezu völlig. Sie wirkte klarer und ich frischer.
Perfekt.
Meine Umgebung gewöhnte sich an meinen nüchternen Zustand. Ich übrigens auch.
Irgendwann fragte ich mich, warum ich wieder anfangen sollte? Alkoholfreies Bier schmeckt toll. Ehrlich.
Und kein Moment ist weniger schön, nur weil ich den Alkohol weglasse.
Ich halte mir die Option offen, ob ich wieder Alkohol trinke. Mir ist jedenfalls klar, das dies ein ganz besonderer Moment sein muss. Doch das ist es wieder, das Problem: ein besonderer Moment muss mit Alkohol genossen werden.
Blödsinn. Deswegen trinke ich seit zwei Jahren nichts. Besondere Momente gab es in dieser Zeit tatsächlich genug: jeder Sonnenuntergang im Sommer schreit nach einem kühlen blonden...
Doch ich denke gar nicht darüber nach. Ich lebe alkoholfrei. Fühlt sich gut an. Warum sollte ich was ändern? Und wenn ich mir die letzte Frage mit einem wirklich, wirklich plausiblen Grund beantworten kann, dann trinke ich auch wieder ein wirklich leckeres, kühles Pils.
Aber eben auch nur dann!
Zwei Jahre später...
Mir geht es blendend.